Wie eine verschlossene Bürokultur dem modernen Arbeitsanspruch widerspricht.
In einer Zeit, in der sich Unternehmen zunehmend als moderne Arbeitgeber präsentieren wollen, stehen Schlagworte wie "New Work" und "offene Unternehmenskultur" hoch im Kurs. Sie versprechen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr Flexibilität, Eigenverantwortung und eine lockere, transparente Atmosphäre. Doch was passiert, wenn diese hehren Ziele im Alltag an starren Strukturen scheitern?
Ein Blick in viele Bürogebäude offenbart das Gegenteil: lange Flure ohne Begegnungszonen, verschlossene Türen und Führungskräfte, die durch Sekretariate abgeschirmt werden. Trotz der Möglichkeit, gelegentlich im Homeoffice zu arbeiten, wird diese oft nur widerwillig geduldet. Das Resultat: ein erheblicher Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Eine Atmospähre der Distanz
Solche räumlichen und organisatorischen Barrieren können gravierende Auswirkungen auf die Unternehmenskultur haben. Die verschlossenen Türen symbolisieren eine Hierarchie, die Kommunikation hemmt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nur mit Bürokratie und Genehmigungen Zugang zu ihren Vorgesetzten erhalten, fühlen sich von den Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. Dies schafft nicht nur ein Gefühl der Isolation, sondern fördert auch die Angst vor Fehlern und die Hemmung, neue Ideen zu äußern.
Ohne offene Begegnungsräume, in denen spontane Gespräche und informeller Austausch stattfinden können, geht ein wesentlicher Aspekt der Teamdynamik verloren. Kreative Ideen entstehen oft im informellen Dialog, nicht im formalisierten Meeting. Wenn die räumliche Gestaltung dies verhindert, geht dem Unternehmen ein enormes Innovationspotenzial verloren.
Geduldetes Homeoffice – ein halbherziger Ansatz
Homeoffice wird vielerorts inzwischen (noch) erlaubt, doch das Wort „geduldet“ sagt viel über die Haltung des Unternehmens aus. Statt als Chance auf mehr Flexibilität und Work-Life-Balance verstanden zu werden, wird Homeoffice oft als notwendiges Übel betrachtet. Der Grund? Viele Führungskräfte haben Angst oder schlicht kein Vertrauen in das, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter außerhalb des Büros tun. Diese Misstrauenskultur ist ein Zeichen schlechter Führung.
Das Problem liegt darin, dass Führungskräfte, die Kontrolle über Anwesenheit und physische Präsenz als zentrales Mittel sehen, um Leistung zu messen, sich mit flexiblen Arbeitsmodellen schwer tun. Diese Führungskräfte fühlen sich unsicher, weil sie keine geeigneten Instrumente haben, um den Fortschritt und die Leistung ihrer Mitarbeitenden auch im Homeoffice zu steuern.
Dazu ein passendes Geschäftsführer-Zitat: "Um im Blick zu haben, was meine Mitarbeiter tun, brauche ich nur die Bürotür zu öffnen und hineinzuschauen!"
Führung im Wandel: Vertrauen statt Kontrolle
Dabei gibt es moderne Managementmethoden, die genau diese Herausforderung adressieren. Eine davon ist OKR (Objectives and Key Results), ein Framework, das es Führungskräften ermöglicht, klare Ziele zu setzen und die Leistung anhand messbarer Ergebnisse zu bewerten. Statt sich darauf zu konzentrieren, wo und wann die Arbeit erledigt wird, geht es darum, was erreicht wird. OKRs bieten Transparenz für alle Beteiligten und schaffen eine gemeinsame Basis für Erwartungen und Leistungsergebnisse.
Zielorientierte Führung:
OKR hilft Führungskräften, den Fokus auf die Erreichung von klar definierten Zielen zu richten, anstatt auf die Anwesenheit der Mitarbeitenden.
Transparenz:
Da alle Mitarbeitenden die gleichen Ziele verfolgen, wird klar, wer wofür verantwortlich ist und welche Fortschritte gemacht werden. Dies erhöht das Vertrauen in die Selbststeuerung der Teams.
Regelmäßige Überprüfung:
Statt auf die alte Micromanagement-Methode zu setzen, werden in regelmäßigen Abständen die Ergebnisse überprüft. Führungskräfte erhalten so ein klares Bild über die Arbeitsfortschritte, ohne ständig "über die Schulter" schauen zu müssen.
Motivation und Engagement:
Mitarbeitende fühlen sich stärker eingebunden, wenn sie zu den definierten Zielen beitragen und eigenverantwortlich arbeiten dürfen. Das steigert die Zufriedenheit und Leistung.
Die Folgen für Mitarbeiter und Unternehmenskultur
Der Spagat zwischen modernen Versprechungen und rückständigen Strukturen wirkt sich negativ auf die Motivation und das Engagement der Mitarbeitenden aus. Wer ständig gegen unsichtbare Barrieren ankämpfen muss und im Homeoffice misstrauisch beäugt wird, verliert schnell die Bereitschaft, sich aktiv einzubringen oder Veränderungen anzustoßen. Eine Kultur, die auf Kontrolle statt auf Vertrauen setzt, fördert Misstrauen, Frust und ein Abwarten anstelle von Eigeninitiative.
Fünf Tipps für eine moderne Büroumgebung und Führungskultur
Damit der Anspruch von New Work nicht nur ein leeres Versprechen bleibt, sollten Unternehmen folgende Maßnahmen in Betracht ziehen:
1. Offene Türen, offene Kommunikation
Führungskräfte sollten erreichbar und ansprechbar sein – physisch wie auch mental. Eine offene Tür signalisiert Vertrauen und fördert den Dialog.
2. Begegnungszonen schaffen
Lounge-Bereiche, offene Küchen oder Meeting-Points bieten Platz für informelle Gespräche und Ideenfindung. Hier wird nicht nur gearbeitet, sondern auch innoviert.
3. Flache Hierarchien leben
Statt formelle Barrieren zu schaffen, sollten Führungskräfte Teil des Teams sein. Direkte Kommunikation auf Augenhöhe schafft Vertrauen und fördert Zusammenarbeit.
4. Homeoffice als Normalität anerkennen
Flexibles Arbeiten sollte nicht als Ausnahme, sondern als gleichwertige Option angesehen werden. Vertrauen in die Mitarbeiter führt zu mehr Eigenverantwortung und Zufriedenheit.
5. OKR und moderne Führung
Einführung von zielorientierten Führungssystemen wie OKR, um die Leistung messbar und transparent zu gestalten. Führungskräfte müssen lernen, Vertrauen in die Eigenverantwortung ihrer Mitarbeitenden zu setzen, statt sie zu kontrollieren.
Durch diese Maßnahmen kann eine Unternehmenskultur geschaffen werden, die nicht nur auf moderne Arbeitsmodelle setzt, sondern diese auch lebt. Vertrauen, Offenheit und klare Ziele sind der Schlüssel zu einer produktiven und zukunftsorientierten Arbeitsumgebung, in der Mitarbeitende wirklich ihr Potenzial entfalten können.